Myràd und das Artefakt von Rasrok

Die letzten Wochen habe ich mir das Spiel Myràd und das Artefakt von Rasrok mal genauer angesehen. Wobei „angesehen“ ist untertrieben, denn ich habe es wirklich intensiv gezockt, nicht weil ich es musste, sondern weil es mir wirklich Spaß gemacht hat. Ich weiß gar nicht so recht wo ich anfangen soll. Das Spiel ist ein Mix aus vielen Genres. Man könnte es als Adventure beschreiben, wird dem aber nicht gerecht, da es viele Elemente aus einem RPG und Aufbauspiel in sich trägt. Man kann also nicht nur seinen eigenen Charakter hochleveln, sondern auch „Gebäude“ errichten und sogar Handel treiben. Kleine Kampfsequenzen inklusive.

Adventure, RPG, Aufbauspiel und Handel – alles in einem

Die Gebäude habe ich in Anführungszeichen gesetzt, denn man strandet auf einer kleinen Insel und müht sich zu Beginn mit dem Nötigsten herum. Da sind dann ein kleines Lager aus Palmblättern, ein Braukessel, Schmiedestein und Zuchtfass die ersten notwendigen Basteleien mit denen man sich innerhalb einer Story herumschlägt. Daneben werden Ressourcen gesammelt, wie zum Beispiel Pilze, Äste, Palmblätter, Pflanzen, etc. Aus denen kann man dann wiederum andere Dinge herstellen, vorausgesetzt man hat alle nötigen Zutaten, Fähigkeiten und Werkzeuge. Die Fähigkeiten eignet man sich über Scrolls an, die man ab einem bestimmten Level erlernen darf und über Belohnungen oder bei Händlern kaufen kann.

Gegenstände herstellen
Auf dem Schmiedestein kann man notwendige Baumaterialien und Werkzeuge herstellen.

Ich nenne mal ein Beispiel:

Im Unterholz kann ich Geäst sammeln. Mithilfe eines vorher zu errichtenden Schmiedesteins kann ich daraus Eschenzweige herstellen. Aus den Eschenzweigen kann ich dann ein Lianenseil flechten, womit ich wiederum robuste Stöcke herstellen kann, die ich wiederum zum Herstellen von Werkzeugen wie einer Sichel benötige, mit der ich dann nachwachsende Pilze ernten kann, die ich wieder zum Brauen von Tränken benötige, die ich dann zur Erholung in Kämpfen trinke. Apropo: die Pilze kann man auch züchten, wenn man ein Zuchtfass, geeignete Pflanzenjuwele und Sprösslinge hat. Was ich damit sagen will:

Das Spiel besitzt eine unglaublich hohe Komplexität und ist ein Zusammenspiel aus etlichen Elementen verschiedener Genres

Umso erstaunlicher ist diese Aussage unter dem Aspekt, dass wir es bei den MAJA Studios gerade mal mit zwei Entwicklern zu tun haben, dem Programmierer und gleichzeitig Geschäftsführer Jannis Harder sowie dem Artist Martin Pabsdorf.

Ausrüstung sammeln, hochleveln und kämpfen wie in einem Rollenspiel

Den Rollenspielcharakter erkennt man auch an der typischen Ausrüstung, die es hochzuleveln gilt. Hier gibt es normale, seltene und rare Gegenstände mit besonderen Eigenschaften. Mit ein paar NPC´s kann man handeln und deren Aufträge erfüllen. Dann gibt es noch die Möglichkeit mit seinem eigenen Boot auf die See zu fahren, mit Gütern zwischen den Inseln zu handeln und Piraten zu bekämpfen. Sogar eine eigene Crew lässt sich im späteren Verlauf anheuern und man kann sich zu Clans zusammenschließen und kämpfen.

Seekarte
Auf der Seekarte kann man den Handel zwischen den Inseln steuern und Piraten angreifen

Ich könnte noch seitenweise mehr über Schmiedekunst, Alchemie, Pflanzenzüchtung, Quests, Ausrüstung, Magie, Kämpfe etc. schreiben, aber das würde den Artikel bei weitem sprengen und ihr sollt es selbst ausprobieren. Deswegen konzentriere ich mich jetzt mehr auf das Spielerlebnis selbst.

Optik, Sound, Usability und die kleinen Animationen sind auf einem hohen Level

Man bekommt ein Intro und eine Story wie in einem typischen Point and Click Adventure geliefert. Die grafische Umsetzung ist schön gemacht und reicht knapp an professionelle Spiele heran, es gibt auch Soundeffekte und Hintergrundmusik, die dem Spiel Atmosphäre verleihen. Die Aktionen sind mit kleinen Animationen geschmückt, wie man es von großen Spieleproduktionen gewohnt ist und es gibt jede Menge Aufträge, Boni und Belohnungen, ebenfalls wie es in heutigen Spielen üblich ist. Dass man für die Herstellung von Dingen eine gewisse Zeit benötigt, ist zwar browsergametypisch, jedoch fühlt man sich nicht wie in einem Browsergame, sondern wird in eine eigene kleine Welt entführt.

Die ersten Spielstunden fliegen dahin, man entdeckt ständig etwas neues und stellt sich die Frage: Wie haben ein Entwickler und ein Grafiker all das alleine hinbekommen?

Die Antwort lautet: In jahrelanger akribischer Arbeit! Anders kann es nicht sein. Die Fehler halten sich in Grenzen, der Support antwortet schnell und über kleinere Ungereimtheiten kann man aufgrund der atmosphärischen Welt, verbunden mit einem alsbald geweckten Entdecker-Geist, hinwegsehen.

Schließt man Aufträge ab, bekommt man Belohnungen, unter anderem eine Schatzkiste mit Inhalt

Wirklich enttäuscht wurde ich erst, als ich die Story durchgespielt hatte (für die Story habe ich knapp zwei Wochen Spielzeit gebraucht) und von da an nur noch über Sammeln, Fertigen, Handeln und Kämpfen weiterspielen konnte. Da merkt man dann doch, dass ein 2-Mann-Team an seine Grenzen kommt, denn der Handel ist noch nicht „massentauglich“, das Sammeln in der überschaubaren Welt wird schnell langweilig, die Kämpfe sind immer dasselbe und trotzdem, dass es über die Clans und Angriffe untereinander Interaktionen gibt, sind diese (noch) nicht ausreichend um Spieler lange bei Stange zu halten.

Kampf
So sieht ein Kampf aus. Links ist der eigene Spieler mit einem selbst ausgebildeten Rekruten, rechts der Gegner und die Buttons unten braucht man für verschiedene Attacken bzw. Heilung.

Bisher kaum Spieler angemeldet

Außerdem muss man dazu sagen, dass derzeit gerade mal eine handvoll Spieler angemeldet sind und mit mir drei aktiv gespielt haben (soweit ich das beurteilen konnte). Jedoch wurde nach eigener Aussage bisher noch keine Werbung geschaltet und ein Neustart vor kurzem hat erst die „Vollversion“ 1.0 hervorgebracht. Inzwischen gabs schon wieder zwei Updates, so dass ich heute von der Version 1.0.2 spreche.

Ich bin mir noch nicht so sicher, ob das Konzept der Genrevermischung dem Spiel auf lange Sicht gesehen gut tun oder vielleicht sogar schaden wird, denn sowas muss dann natürlich gepflegt werden.

Der Spieletester Wolfgang Scheidle zum Konzept des Spiels (18.12.2019)

Da werden die beiden ambitionierten Könner noch dran zu knabbern haben, denn es geht ja nicht nur darum ein schönes Spiel zu gestalten, sondern Spieler möglichst lange an des Spiel zu binden. Da spielen dann die möglichen Interaktionen für Multiplayer eine wichtige Rolle und hier sehe ich noch Entwicklungsbedarf. Für mich ist nach dem vorläufigen Story-Ende Schluss, jedoch bin ich mir sicher, dass da noch einiges nachfolgen wird.

Dann lass ich mal den Entwickler zu Wort kommen:


Interview mit Jannis Harder, Geschäftsführer der MAJA Studios UG

Hallo Jannis, gib uns doch bitte eine kurze Beschreibung des Projekts

Logo MAJA Studios

JANNIS: Willkommen auf den neun Meeren! Als Schiffbrüchiger hast du es nicht leicht, dunkle Visionen und ein unbändiger Durst machen dir zu schaffen. Doch mit der Zeit lernst du, dich an deine neue Umgebung anzupassen.
Errichte dein eigenes Lager, stelle eigene Ausrüstung und Verpflegung her und werde Teil der Gemeinschaft der Hafenstadt, Barrow! Entwickle deinen Charakter und entscheide dich: reicher Händler oder mächtiger Raubzügler?
In diesem Piraten-Adventure kannst du dich mit anderen Spielern messen oder deinen eigenen Weg gehen und die Geheimnisse der Insel erforschen. Was befindet sich im Inselinneren? Finde es heraus auf www.myrad-game.de/play.

Auftragsbuch
So sieht das Auftragsbuch im Spiel Myràd und das Artefakt von Rasrok aus

Team bestehend aus?

JANNIS: Unser Team besteht aus zwei Personen. Martin, unserem Artist und mir, dem Programmierer. Zu zweit haben wir das Projekt die letzten Jahre großgezogen.

Außerdem würde ich mich der Werdegang von Euch beiden näher interessieren. Habt ihr eine klassische Ausbildung im jeweiligen Bereich gemacht? Was macht ihr hauptberuflich?

JANNIS: Wir beide haben in unserem Bereich jeweils ein abgeschlossenes Studium, bei diesen wir uns auch kennengelernt haben. Nach ein paar Jahren in unterschiedlichen Berufen außerhalb der Spielentwicklung haben wir uns dann entschlossen Myràd zu entwickeln. Dabei ist Martin, der Artist, aktuell noch tätig als Motion Designer, während ich in Vollzeit an die Entwicklung des Spieles gebunden bin.

Wie lange war die Entwicklungszeit?

JANNIS: Wir haben insgesamt drei Jahre an dem Projekt gearbeitet. Dazu gehört auch die Entwicklung des Workflows inkl. der Engine.

Wie motiviert ihr Euch bei diesem doch ziemlich ambitionierten Projekt, das ihr ja bereits seit drei Jahren entwickelt und so wie es aussieht noch kein Geld einspielt?

JANNIS: Motiviert haben wir uns an den immer weiter fortschreitenden Entwicklungen des Spiels. Gleichermaßen gefreut haben wir uns immer über Personen die aus dem Umkreis und nun außerhalb dessen, in die Welt von Myràd eintauchen konnten.

Wollt ihr mit dem Spiel bzw. der Gründung der MAJA Studios UG den Grundstein für eine spätere Vollzeit-Tätigkeit legen?

JANNIS: Genau, wir möchten mit Myràd den Grundstein für MAJA Studios legen. In der Zukunft sind weitere Kapitel innerhalb des Myràd Universums geplant, sowie weitere Spiele auf Basis der Engine.

Du hast die Eigenentwicklung der Engine erwähnt. Kannst Du mehr dazu sagen?

JANNIS: Als Grundlage für Myràd haben wir die MAJA Engine entwickelt. Diese ist sowohl client- als auch serverseitig in JavaScript geschrieben – Zum Darstellen der Szenen und der UI im Browser und zum Berechnen der Spielinhalte auf dem Server.

Welchen Spielmodus gibt es?

JANNIS: Es gibt einen Einzelspielermodus, in welchem man sich der Geschichte der Insel widmet. Man lernt verschiedene Charaktere kennen und muss sich von manchen auch wieder verabschieden. In diesem Teil des Spiels ist man ganz alleine unterwegs und kann sich voll auf den eigenen Charakter konzentrieren.
Dazu gibt es auch Multiplayer-Elemente. Man kann andere Spieler überfallen, sobald man ein Schiff hat. Ebenso kann man einem Clan beitreten, um zusammen nach Schätzen zu jagen.

Welche Sprachen bietet das Spiel an?

JANNIS: Das Spiel ist verfügbar in deutsch, englisch und französisch.

Wie groß ist der Zeitaufwand für einen Spieler pro Tag?

JANNIS: Je nach Spielart kann man nur hin und wieder kurz in das Spiel schauen, um sich hergestellte Waren abzuholen o.ä., oder auch mehrere Stunden darin verbringen, wenn man es auf die Spitze der Rangliste abgesehen hat.

In welches Genre auf WebGamers passt Dein Spiel?

JANNIS: Bei den WebGamers Kategorien passt es am besten in die Kategorie „Adventure“. Durch die Vielfalt im Spiel wäre es aber auch in den Kategorien „RPG“ und „Strategie“ ganz gut aufgehoben.

Gibt es Social Media Accounts? Apps? Streaming?

JANNIS: Wir sind auf den gängigen Plattformen zu finden unter:
https://twitter.com/myrad_game
https://www.instagram.com/myrad_game/
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https://www.facebook.com/myradgame
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Mich würde interessieren, wo es in Zukunft hingeht. Was ist noch alles geplant? Wird es mehr Interaktion unter den Spielern geben?

JANNIS: Das Spiel möchten wir stetig weiterentwickeln. Es hat gerade die Open Beta verlassen und bietet noch viel Spielraum zur Verbesserung. Dabei gibt es einige Dinge, die wir noch einbauen möchten, wie das Erweitern der Clan-Funktionalität. Zusätzlich sind wir auch auf Ideen der Spieler gespannt und lassen uns auch davon für weitere mögliche Inhalte inspirieren. Weitere Interaktionsmöglichkeiten zwischen Spielern sind auch geplant, dazu kann ich aber noch keine konkreten Angaben geben. Mit dem Marketing werden wir diese Woche in kleinem Maßstab beginnen.


Fazit

Hohe Komplexität, schöne Grafiken, Inselflair und eine nette Story wie bei klassischen Point and Click Adventures, gepaart mit jede Menge Rollenspielelementen ist das Geheimrezept dieses Spiels. Ich bin schnell im Entdeckermodus, sei es um die Story weiter zu verfolgen oder das Spiel besser zu verstehen.

Die beiden Macher hinter diesem Spiel arbeiten offensichtlich auf einem professionellen Niveau, haben Großes geschaffen und noch Großes vor. Denn obwohl ich zwei Wochen von dem Spiel gefangen war, flacht es mit dem vorläufigen Ende der Story ab und wird es schwer haben Spieler dauerhaft zu binden. Das ist jedoch essentiell, wenn das kleine Team der MAJA Studios nach der bis dato 3-jährigen Entwicklungszeit auch kommerziell erfolgreich sein möchte.

Ich denke das Spiel muss noch ein wenig reifen und bin gespannt, ob und wie es die beiden Macher schaffen werden Myràd nicht nur kurzzeitig, sondern auch langfristig zum Erfolg zu führen.

Wolfgang Scheidle – Redaktion WebGamers

Hier geht es zu dem getesteten Spiel Myràd und das Artefakt von Rasrok

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